Wo Vergangenheit und Zukunft zu Hause sind

Text
Sherin Kneifl
Fotos
Oliver Stern

Die Renovation einer traditionsreichen Zürcher Privatschule sollte ein modernes Umfeld schaffen, in dem es sich mit Freude lernen und unterrichten lässt. Kopp Baumanagement war für die Ausführungsplanung verantwortlich, die Vilio AG übernahm als Bauservice-Experte klassische Maurerarbeiten und brachte handwerkliches Können ein.

Die ochsenblutrote Ölfarbe nimmt historische Anleihen.

Schon beim Betreten des Gebäudes spürt man seine Bedeutung. Auf den handgefertigten, grafisch verlegten Steinzeugfliesen gewinnt jeder Schritt an Gewicht. Hier gehen junge Menschen ein und aus, um sich in Mathematik, Chemie, Sprachen oder Geschichte für ihr weiteres Leben zu bilden. Das Haus an der Waldmannstrasse 9 oberhalb des Zürcher Bellevues wurde Ende des 19. Jahrhunderts gebaut und beherbergt die Freie Schule Zürich. Nach diversen kleineren Renovationen, dynamischen Umbauten in den vergangenen Dekaden sowie einem Betonanbau aus den 1990er-Jahren sollten nun die zwanzig Klassenräume und die Gestaltungszimmer eine einheitliche Sprache erhalten. Man wollte sie modernisieren und möglichst in die ursprüngliche Materialisierung zurückführen. «Das Ziel des planenden Architekten Martin Ladner vom Büro Ladner Meier war es, das Gebäude durch die Sanierung aufzuwerten, etwa indem die abgenutzten Oberflächen erneuert und die Umbauten vereinheitlicht wurden – dies immer mit Blick auf die Schadstofffreiheit. Schon der erste Eindruck sollte einladend und repräsentativ wirken. Dafür wurde der Boden im Entrée durch hochwertige Fliesen von Golem ersetzt, die dem Stil der Entstehungszeit des Gebäudes entsprechen», erklärt Markus Kopp, der mit seiner Firma Kopp Baumanagement AG für die Bauleitung zuständig war. Heute empfängt Ankommende am oberen Ende der breiten Treppe eine markante ochsenblutrote Wand. «Auch hier haben wir eine Ölfarbe verwendet, die der Tradition entspricht. Allerdings brauchte sie mehrere Wochen, um zu trocknen», fügt Markus Kopp an. «Staubfreies Arbeiten war aus diesem Grund essenziell. Von uns installierte Staubwände mit Reissverschlusstüren sorgten für Schutz und Flexibilität. Auch Böden und Einbauten wurden sorgfältig abgedeckt, damit die denkmalgeschützten Bauteile während der Umbauphase nicht beschädigt werden», erklärt Stefan Cavallaro, Bauleiter bei der Vilio AG.

Im Dachgeschoss wurde eine ehemalige Wohnung zu Schul- und Aufenthaltsräumen umgebaut. Durch die Fenster blickt man über die Dächer der Stadt.
In den neu gestalteten Schulzimmern gibt es nun digitale Tafeln. Die alten Wandschränke wurden restauriert und mit ergonomischen Griffffen ausgestattet, mit Holz gerahmte Deckenpaneele sorgen für Schallschutz.

Anspruchsvolle Bauarbeiten parallel zum Schulbetrieb

Die Böden hielten bei diesem Projekt eine besondere Überraschung bereit: Als man das Linoleum und die Beläge in zahlreichen Räumen und Gängen während der ersten Arbeitsphase entfernte, lag darunter ein altes Fischgrätparkett mit umlaufendem Fries. «Da wir auf denkmalgeschützte Renovationen spezialisiert sind, war uns schnell klar, dass es unbedingt erhalten werden musste. In mühevoller Kleinarbeit haben wir das 35-Millimeter-Vollholz-Eichenparkett von allen Verschmutzungen befreit», so Stefan Cavallaro. Nur das Chemiezimmer, das besonderen Auflagen in puncto Materialien unterliegt, wurde mit einem neuen Belag bestückt. Auch wenn sich die Fleissarbeit gelohnt hat, bedeutete der nicht geplante Aufwand eine zusätzliche Belastung des ohnehin angespannten Zeitplans: Anfang Juli 2023 fiel der Startschuss; die gesamten Arbeiten wurden in drei mehrmonatigen Etappen bis Oktober 2024 umgesetzt. Das Timing erwies sich auch deshalb als ambitioniert, weil der Schulbetrieb nebenbei weiterlief. Lärmintensive Tätigkeiten fanden an den Wochenenden oder in den Schulferien statt. Um die Sicherheit zu gewährleisten, wurde ein Fassadenturm installiert. Dieser ermöglichte ein gefahrloses Arbeiten. «Manches wurde aufgrund der Grösse aber doch durch die Gänge transportiert. Damit wir die Schülerinnen und Schüler nicht kreuzten, mussten die Arbeiter früh am Morgen oder spät am Abend sowie an den Wochenenden verfügbar sein. Zeitweise waren wir mit bis zu zwölf Leuten vor Ort. Logistisch waren das anspruchsvolle Phasen», sagt Stefan Cavallaro.

Damit wir die Schülerinnen und Schüler nicht kreuzten, mussten die Arbeiter früh am Morgen oder spät am Abend sowie an den Wochenenden verfügbar sein.
Stefan Cavallaro
In der neuen Mensa, die ins Erdgeschoss des Betonanbaus verlegt wurde, sorgen grüne Trapezfronten mit rot-orangen Profilen für gute Laune. Ein Innenhof spendet Tageslicht.
Das historische Fischgrätparkett mit umlaufendem Fries wurde mit viel Aufwand freigelegt und wiederhergestellt. Rechts der Blick auf die Rämistrasse. (Foto: Ladner Meier Architekten)

Historische Details und neue Funktionalität

In den zwanzig Klassenzimmern nahmen die historischen Einbauschränke, die bereits seit der Schulgründung vor mehr als einem Jahrhundert im Einsatz stehen, eine Sonderstellung ein. Sie fristeten unter dicken Schichten grauer Farbe ein Schattendasein und wurden in aufwendiger Handarbeit befreit. In wiedererlangter Pracht ergänzen sie nun neue Regale und Schranklösungen aus Eiche. Eine homogene farbige Oberfläche wird in der Regel lackiert oder gespritzt, ein Effekt, der hier jedoch nicht gewünscht war. «Die Bauherrschaft wollte den neuen Schränken und Regalen einen gelebten Anschein geben. Darum liessen wir alles mit dem Pinsel streichen, sodass man die Handarbeit des Malers sieht», sagt Markus Kopp. Organisch geformte Griffe runden den Eindruck ab. Auch wer den Blick nach oben wendet, erkennt die Detailarbeit. «Für eine bessere Akustik wurden die Decken abgehängt. Die einzelnen Paneele haben einen massiven Holzrahmen, der lasiert ist und die Struktur durchscheinen lässt», erklärt Markus Kopp weiter. Zeitgemäss sind die digitalen Wandtafeln, die in jedem Klassenraum die alten ersetzt haben. Die grösste bauliche Herausforderung lag beim Versetzen der Mensa in das Erdgeschoss des jüngeren Betonanbaus wiederum unter dem Boden. Hier musste eine nicht mehr aktive Fussbodenheizung entfernt werden. Auch Leitungen, Wasser- und Abflussrohre ortete Vilio ohne Pläne in bis zu 1,80 Meter Tiefe unter der Betonschicht. Schliesslich wurden Unmengen von Staub und Schutt abtransportiert, die beim Aufspitzen angefallen waren. Heute kocht das Personal in der farbenfrohen Küche mit grünen Fronten aus Trapezblech, die von rot-orangen Profilen gesäumt sind. «Organisatorisch ist der Raum besser aufgeteilt. Jetzt können die Schülerinnen und Schüler den dank einem Lichthof besonders hellen, offenen Aufenthaltsbereich optimal nutzen», sagt Stefan Cavallaro. Ein Sichtschutz aus mehreren runden Scheiben hin zu den Toiletten wurde als Letztes eingefügt und trägt als gestaltendes Element zum angenehmen Ambiente bei. Vom Erdgeschoss nach ganz oben: Auf dem Betonanbau wurde eine Photovoltaik-Anlage installiert, die heute zusätzlichen Strom ins System einspeist. Im Dachgeschoss des Altbaus machte eine ehemalige Wohnung Platz; entstanden sind Schulzimmer, Nebenräume, etwa für die IT, und ein zusätzliches Besprechungszimmer für die rund sechzig Lehrpersonen. Unter neu verkleideten Decken, die sowohl im Sommer als auch im Winter dämmen, und mit Blick über die Stadt bereiten sie ihre Stunden vor. Wie im Atelier nebenan gab es hier keinen historischen Boden, sodass Linoleum zum Einsatz kam. Um das gesamte Mobiliar kümmerte sich die Stiftung Freie Schule selbst. «Wir organisierten lediglich den Transport der ausgedienten Tische und Stühle, die als Spende an eine Schule in Afrika gingen», erzählt Markus Kopp. Für sein Unternehmen und für Vilio war es nicht die erste Bildungseinrichtung, deren Umbau und Renovation man gemeinsam gemeistert hat. Es bestand also schon einiges an Übung darin, den täglichen Schulbetrieb ungestört weiterlaufen zu lassen und gleichzeitig die straffen zeitlichen Vorgaben einzuhalten.

Die Bauherrschaft wollte den neuen Schränken und Regalen einen gelebten Anschein geben. Darum liessen wir alles mit dem Pinsel streichen, sodass man die Handarbeit des Malers sieht.
Markus Kopp
Das denkmalgeschützte Gebäude der Freien Schule Zürich hat eine streng dreiteilig gegliederte Fassade. Es liegt hinter einem kleinen Park an der Waldmannstrasse, die von der Rämistrasse abgeht.

Vilio

führt die Tradition des im Jahr 1918 eröffneten Baugeschäfts von Wilhelm Halter, dem Gründer der Halter AG, fort. Der Firmenname wurde von Willi, der Kurzform seines Vornamens, abgeleitet und ersetzt seit 2022 die seit den 1980er-Jahren bestehende Marke Halter Bauservice. Bei der Vilio AG trifft Unternehmergeist auf Innovation und Nachhaltigkeit. Zur Kernkompetenz gehört die fachkundige Unterstützung bei kleineren bis mittelgrossen Umbauten, Renovationen und Sanierungen, immer mit einem besonderen Augenmerk auf die handwerkliche Qualität und eine individuelle Bauherrenbetreuung. Einsatzgebiete sind klassische Wohn- und Gewerbebauten sowie Spezialbauten und im Besonderen Villen und Altbauten unter Denkmalschutz.

vilio-bauservice.ch

Dieser Artikel ist im Print-Magazin KOMPLEX 2025 erschienen. Sie können diese und weitere Ausgaben kostenlos hier bestellen.

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