Aus Wilhelm wird Vilio
Am 29. August 1918 erwarb Wilhelm Pius Halter im Alter von 27 Jahren ein Maurergeschäft in Zürich Altstetten. Damit legte der Obwaldner den Grundstein für die erfolgreiche Entwicklung seiner Unternehmung, die heute in der dritten Generation als Halter AG geführt wird. Für die Neupositionierung des Halter Bauservice griff man nun auf eine Ableitung des Vornamens des Firmengründers zurück.
Es waren andere Zeiten. Als Wilhelm Halter 1918 mit seiner jungen Familie in sein neues Wohnhaus an der Herrligstrasse in Zürich Altstetten einzog, lag nicht etwa ein grüner Garten vor der Türe. In einem Anbau war der Geschäftstrakt untergebracht, rundherum standen Werkstätten und Materiallager. Auch Stallungen gehörten zum Geschäftssitz seiner Bauunternehmung, denn für die Anlieferung der Baumaterialien auf die Baustellen benutzte man damals noch Pferdefuhrwerke. Die schwere Arbeit vor Ort wurde von Hand und mit einfachen Werkzeugen erledigt. Die Arbeiter, von denen damals schon viele aus Italien stammten, führten die schweisstreibenden Tätigkeiten in der Höhe auf windigen Holzgerüsten aus und wohnten des Nachts in eigens für sie errichteten Unterkünften. Anna Halter-Ming, die Ehefrau und aktive Mitstreiterin von Wilhelm Halter, kümmerte sich nach Feierabend oft persönlich um deren Anliegen und Wohlergehen.
In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg investierten Bund und Kantone verstärkt in den Wohnungsbau, um die Wohnungsnot vor allem in der Arbeiterschicht, aber auch bei den normalen Angestellten zu lindern. In dieser Phase der landesweit wachsenden Bautätigkeit legte Wilhelm Halter den Grundstein für sein erfolgreiches Wirken als Bauunternehmer in Zürich Altstetten und Albisrieden. Neben Wohn- und Geschäftshäusern für das eigene Portfolio entstanden auch mehrere Genossenschaften auf seine Mitinitiative hin.
Nach dem Tod des Firmengründers wurde Halter als Bauunternehmung und Immobilienentwickler erst von dessen Ehefrau, dann von deren zweitgeborenem Sohn Jost Halter und ab 1987 von dessen Sohn Balz Halter weitergeführt. Um seinen unternehmerischen Handlungsspielraum zu erweitern, entschied dieser 2008, die damals um die hundert Mann starke Bauunternehmung an den Mitbewerber Anliker zu verkaufen. Halter agierte fortan als Entwickler, Generalunternehmer und Immobiliendienstleister. Beim Unternehmen blieb der Halter Bauservice. Die kleine, schlagkräftige Einheit hatte bereits seit Jahren erfolgreich als Spezialtruppe für heikle, handwerklich besonders anspruchsvolle und im schnellen Einsatz auszuführende Arbeiten gedient. Mit einem festen Mitarbeiterstamm von um die zwanzig Personen hatte sie sich seit ihrer Gründung im Jahr 1989 einen treuen und vor allem auf Empfehlung basierenden Kundenstamm erarbeitet.
Neuausrichtung und Namenswechsel
Mit der Wandlung der Halter AG von einem Bauunternehmen zu einer diversifizierten Baugruppe entwickelten sich verschiedene Geschäftseinheiten, die stets den neuen Marktbedürfnissen angepasst wurden. Infolge des zunehmenden Bedarfs an Know-how und Kompetenz im Umbau von Bestandsliegenschaften gründete man 2018 die Unternehmenssparte Renovationen. Diese hat sich in den vergangenen drei Jahren unter der Leitung von Anna von Sydow ein beeindrucken- des Kundenportfolio mit manch prominentem Umbauprojekt an exponierter Innenstadtlage erarbeitet. Kurzzeitig wurde der Halter Bauservice bei Halter Renovationen integriert.
«Doch wir erkannten bald, dass unsere Geschäftsmodelle zu unterschiedlich sind und sich in der Praxis wenig Synergien ergaben», erklärt Anna von Sydow. «Darum beschlossen wir, den Bauservice wieder auszugliedern und am freien Markt gestärkt und eigenständig zu positionieren.» In der Folge wurden mehrere Workshops durchgeführt, die zu neuem Namen, Logo und Markenauftritt führten. «‹Vilio› hatte ich von Beginn an in meinem Kopf. Abgeleitet von ‹Wilhelm› und der Kurzform ‹Willi›, steht der Name für die grosse Erfahrung und die handwerkliche Expertise unserer Einheit, ermöglicht aber auch eine moderne, kundennahe Positionierung», sagt Andreas Wüthrich, Vilio- Geschäftsführer. Im September 2022 war es dann so weit, die Website wurde freigeschaltet. Seitdem wirbt unter dem neuen Firmennamen der Slogan «Bauservice persönlich» für die individuelle Ausrichtung der Leistungen.
In den Magazinen des Werkhofs der Vilio AG in Fahrweid bei Dietikon werden in einer Holzkiste noch immer die alten Werkzeuge aus der Ära von Wilhelm Halter aufbewahrt. Für den neuen Internetauftritt wurden sie fotografiert und zeugen nun online für jedermann sichtbar von der über hundertjährigen Handwerkstradition, die der Umbauspezialist in seiner DNA trägt. Doch natürlich geht es bei Vilio um mehr als nur um die Vergangenheit. An der Hardwaldstrasse 21 lagern auch moderne Baumaschinen sowie eine grosse Palette an Baustoffen und Bauhilfsmitteln.
Auf dem Hof fahren die Firmenwagen, die nun das Vilio-Logo tragen, ein und aus. In grossen Mulden werden Schutt und Abfall unter den Gesichtspunkten der Ökologie und der Kreislaufwirtschaft sorgfältig getrennt. Doch die wirklich anspruchsvollen Tätigkeiten warten bei den Kunden vor Ort. «Unsere Projekte sind immer massgeschneidert, je nachdem, welche Wünsche ein Bauherr an uns heranträgt oder welche Arbeiten ein Architekt oder eine Bauleitung zu vergeben hat», erklärt Stefan Cavallaro, der Leiter Baudienstleistungen bei Vilio.
Wachsende Referenzliste
Eines der Projekte, das Stefan Cavallaro im letzten Jahr betreute, war die komplette Sanierung einer Stadtvilla an der Rütistrasse im Zürcher Kreis 7. Hier kam der Auftrag für die Abbruch-, Maurer- und Gipserarbeiten über das planende Architekturbüro Peter Moor Architekten. Weil die Substanz von 1910 erhalten werden sollte, mussten alle originalen Details wie Türen, Parkett und Treppengeländer sorgfältig abgedeckt werden. Vilio installierte zudem die benötigten Hilfsgerüste und gewährleistete mit Provisorien auch für die anderen Gewerke den Arbeits- und Sicherungsschutz. Minutiöse Kleinarbeit wurde beim Wiederherstellen und Ergänzen der Stuckaturen sowie beim Verputzen der Fassade geleistet. Eine besondere Herausforderung war es, einen sauberen Abschluss zu den alten Sandsteingewänden, zum Sandsteinsockel und zum Sandsteinfries herzustellen.
Nur ein paar Hundert Meter entfernt, an der Aurorastrasse, sind die Planungen noch im Gang. Hier suchte der Bauherr nach dem Kauf einer Landhausvilla aus den 1960er-Jahren eine schnelle Lösung, um einen Teil des Hauses bewohnbar zu machen. Vilio wurde direkt von ihm beauftragt, eine Einliegerwohnung zu renovieren und mit neuen Bädern auszustatten. Zeitgleich wurde das grosse Wohnhaus zurückgebaut. Nach der Analyse der freigelegten Substanz durch Vilio stellte sich jedoch heraus, dass die Wünsche des Hausherrn mit einem Umbau nicht qualitäts- und kostengerecht erfüllt werden können. So wurde inzwischen ein Architekt mit den Entwürfen für einen Ersatzneubau beauftragt.
In der Marktgasse in Winterthur hingegen konnte die Sanierung eines denkmalgeschützten Altstadthauses mit Ladenflächen auf den vier unteren Geschossen und zwei Wohnungen in den Stockwerken darüber nach einem Jahr Bauzeit abgeschlossen werden. Vilio rettete die desolate Bausubstanz und befreite das Haus von Schadstoffen wie Asbest und PCB. Auch die unter Schutz stehenden, freigelegten Holzbalken in der bis unter den Giebel reichenden Dachwohnung konnten von den Rückständen giftiger Holzschutzmittel befreit werden. Eine Aufgabe der speziellen Art erfüllen die Handwerker von Vilio gerade auf dem Attisholz-Areal bei Solothurn. Dort wird ein geschützter, hundert Meter hoher Hochkamin saniert. Die Backsteine, die bei der Restaurierung zum Einsatz kommen, wurden eigens und nach dem historischen Original produziert.
«Wir erstellen auch die Pläne für einen Umbau, machen Kostenschätzungen, erledigen die Bewilligungsverfahren, entwerfen den Zeitplan und übernehmen die Bauleitung. Vilio bietet einen Rundumservice wie ein Totalunternehmer, jedoch mit offener Abrechnung», erklärt Andreas Wüthrich. Die perfekte Ausführung liegt in den Händen seiner Mitarbeitenden: ein festes, eingespieltes Team. Sie heissen Carlos Lopez Rodrigues, José Manuel Miguelez-Martinez, Roberto Quintieri, Joaquim Reanha – um nur vier zu nennen – und bringen alle grosse handwerkliche Fertigkeit und Freude am Arbeiten mit. «Etwas, das man heute nur noch schwer findet», betont Andreas Wüthrich, der hofft, dass auch die seit einiger Zeit ausgeschriebene Maurerlehrstelle bald besetzt werden kann. Schliesslich möchte Vilio als Traditionsunternehmen auch in den Nachwuchs investieren.