Lasst uns handeln!

Der Schweizer Wohnungsmarkt ist aus dem Takt geraten. Das Angebot kann mit der Nachfrage nicht Schritt halten. In Städten und Tourismusorten liegt die Leerstandsquote unter 0,5 Prozent, während die Anzahl an Baubewilligungen seit fast einem Jahrzehnt sinkt.

Es wird einfach zu wenig gebaut – und das hat Folgen: erdrückende Wohnungsknappheit, exzeptionell hohe Preise und wirtschaftliche wie gesellschaftliche Bremseffekte. Eine zuverlässige Wohnraumversorgung ist jedoch essenziell für die nachhaltige Entwicklung der Schweiz – sowohl wirtschaftlich wie auch sozial.

Jeder Akteur ist ein Schlüssel zur Lösung

Die Lösung liegt in den Händen der professionellen Akteure im Wohnungsmarkt, den öffentlichen und den privaten. Mit unserer individuellen Expertise können wir einen Beitrag leisten, um die Wohnungsproduktion zu steigern. Und das sollten wir auch tun! Jede Instanz trägt ihre eigene gesellschaftliche Verantwortung. Aufgabe der öffentlichen Hand ist es, die städtebaulichen Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Wohnungsbau gezielt fördern. Und genau das ist das Problem. Überregulierung beziehungsweise rechtliche und politische Entwicklungsrisiken, besonders in den Städten, bremsen aktuell die Bau- und Immobilienwirtschaft und treiben Investoren in periphere Regionen oder gar in sicherere Anlage-Alternativen. In Basel-Stadt hat die Wohnschutzverordnung in kaum drei Jahren fast zu einem Stillstand des Wohnungsbaus geführt. Damit ist hier eine ähnliche Situation wie in Genf entstanden, wo ein restriktives Mietrecht gilt; das Wohnungsangebot sinkt, und die Mietpreise steigen. Behörden und die Politik müssen ihre Leadership-Rolle erfüllen und die Spielregeln entschärfen, zum Beispiel durch einfachere Bewilligungsverfahren. Die Wohnraumversorgung in der Schweiz folgt marktwirtschaftlichen Prinzipien. Die privaten Akteure sind bereit, zu investieren – es braucht lediglich die richtigen Impulse.

Institutionelle Investoren haben es in der Hand

Besonders im Bereich des bezahlbaren Wohnraums besteht erheblicher Entwicklungsbedarf. Institutionelle Investoren können dies als Chance begreifen und aktiv zur Lösung beitragen. Ein höherer Anteil an bezahlbaren Wohnungen diversifiziert das Portfolio, senkt das Vermarktungsrisiko neuer Projekte, sorgt für eine stabilere Rendite und unterstützt zugleich das Ziel der sozialen Nachhaltigkeit. Darüber hinaus können Investoren bei Verdichtungsprojekten von einer höheren Akzeptanz seitens der Bevölkerung profitieren.

Die Rolle der Privatwirtschaft sollte darin bestehen, Entwicklungs- und Bauprozesse effizienter zu gestalten und innovative Genossenschaftsmodelle einzuführen. Nur so lässt sich die oft geforderte Kostenmiete auf tiefem Niveau realisieren.

Gemeinnütziger Wohnungsbau als Chance

Kein Marktakteur kann das Problem allein lösen – dafür ist das Wohnungswesen zu komplex. Diese Einschätzung teilt auch das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO), das in seinem Aktionsplan Wohnungsknappheit betont, dass der Schlüssel für die Lösung in einer Zusammenarbeit aller Beteiligten liegt. Trotz anhaltend hoher Nachfrage und langen Wartelisten ist der Anteil der Genossenschaftswohnungen am Mietwohnungsmarkt in den letzten Jahrzehnten auf unter fünf Prozent gesunken. Der Markt wird weitgehend von traditionellen Wohnbaugenossenschaften geprägt, die neue Akteure ausbremsen und Innovation hemmen. Frische Impulse könnten die Produktion gemeinnütziger Wohnungen aber spürbar ankurbeln. Die Rolle der Privatwirtschaft sollte darin bestehen, Entwicklungs- und Bauprozesse effizienter zu gestalten und innovative Genossenschaftsmodelle einzuführen. Nur so lässt sich die oft geforderte Kostenmiete auf tiefem Niveau realisieren.
Am Ende verfolgen alle Marktteilnehmenden und die Öffentlichkeit ein gemeinsames Ziel: den Negativzyklus durchbrechen, die Wohnungsproduktion steigern und dabei bezahlbaren Wohnraum schaffen. Dies gelingt nur, wenn jeder Akteur seine Rolle aktiv wahrnimmt und alle Beteiligten ihre Stärken voll ausschöpfen.

Kees van Elst

ist Wirtschaftsgeograf und seit April 2024 Geschäftsführer bei der von der Halter Gruppe initiierten «WSS – Die Entwicklungsgenossenschaft», vormals «Wir sind Stadtgarten». Davor war er Partner sowie Verwaltungsrat von Mint Architecture, einem Strategie- und Planungsbüro. Zudem engagiert sich der Niederländer als Vorstand des unabhängigen Vereins Placemaking Switzerland. Kees van Elst spielt in seinen Immobilienprojekten gern die Rolle des Nutzervertreters und versteht Immobilienentwicklung vor allem als «community development», weil Orte für Menschen entwickelt werden müssen, die sie nutzen, und sie es sind, die sie beleben.

Dieser Artikel ist im Print-Magazin KOMPLEX 2025 erschienen. Sie können diese und weitere Ausgaben kostenlos hier bestellen.

Magazine bestellen

KOMPLEX bietet Ihnen spannende Einblicke in die neuesten Entwicklungen der Bau- und Immobilienwirtschaft. Themen wie Stadtentwicklung, Architektur, Engineering, Umwelt, Gesellschaft, Markt sowie digitales Planen und Bauen stehen dabei im Mittelpunkt. Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie quartalsweise die neusten Beiträge direkt in Ihr Postfach.

Jetzt digital mitlesen.