«Wir bauen so, dass es erschwinglich wird»

Die Impact Immobilien AG entwickelt von Bern aus Projekte für soziale Institutionen und schafft damit bezahlbaren Wohn und Lebensraum sowie gesellschaftlichen Nutzen. Ihr Geschäftsführer Daniel Kusio setzt gemeinsam mit Gesamtleistungspartnern wie Halter auf den Design-to-Cost-Ansatz. Eine Begegnung im Geras Pflegehotel in Sutz-Lattrigen.

Der 51-jährige Betriebswirt Daniel Kusio vor dem Geras Pflegehotel in Sutz-Lattrigen.

Vor dem Eingang in das Geras Pflegehotel in Sutz-Lattrigen am Bielersee steht Daniel Kusio und freut sich offensichtlich – über den Besuch, das prächtige Wetter an diesem Tag im Frühjahr 2020 und auch über das gelungene Bauvorhaben hinter ihm. Es ist eines der aktuellen Projekte von Impact Immobilien, bei dem die letzten Arbeiten erst vor Kurzem abgeschlossen wurden. Mit den «Seeländischen Lokalbahnen» sind wir für das Interview aus dem nahen Biel gekommen, die Haltestelle befindet sich direkt gegenüber von den Gebäuden des Pflegezentrums – praktisch für die Bewohner und Besucher.

KOMPLEX: Impact bedeutet Wirkung – welche Wirkung wollen Sie mit Ihrem Unternehmen erzielen?

Daniel Kusio: Ausgangspunkt war das Thema Wohnen, der Wunsch, uns dafür zu engagieren. Wohnen zählt zu den Grundbedürfnissen des Menschen, es betrifft jede und jeden von uns. Und viele haben es nicht leicht, dieses Bedürfnis erfüllt zu bekommen. Gerade ältere Menschen, Alleinstehende, von Armut Betroffene oder solche mit einer Beeinträchtigung bekunden Mühe, angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Das hört sich zunächst nach edler Gesinnung an.

Die Idee stammt von der Invethos AG, einem ethisch orientierten Vermögensverwalter, dessen Kunden gesellschaftlich und finanziell Sinnvolles verbinden wollen. Wir beziehen uns auf die Vorgaben der Vereinten Nationen. Die Genfer UN-Charta zu nachhaltigem Wohnen, die auf den von der Weltgesundheitsorganisation WHO erstellten Richtlinien basiert, fordert die Sicherstellung des Zugangs zu angemessenem, adäquatem, bezahlbarem und gesundem Wohnraum für alle Menschen. Die Charta stellt das Thema damit auf die gleiche Stufe wie die Forderung nach sauberem Wasser oder dem Zugang zu Erziehung. Natürlich sind die Verhältnisse hierzulande anders als in den Entwicklungs- oder Schwellenländern. Aber auch in der Schweiz braucht es gezieltes Engagement, um den Schwachen in der Gesellschaft zu adäquatem Wohnraum und einem besseren Leben zu verhelfen.

Wäre das nicht eine Aufgabe der öffentlichen Hand?

Einrichtungen, die betreutes und begleitetes Wohnen anbieten, sind oft privat organisiert. Bund, Kantone, Gemeinden und die Sozialwerke beteiligen sich zwar finanziell an entsprechenden Projekten, haben aber in der Vergangenheit zu wenig selbst investiert und verlassen sich auf gemeinnützige Träger wie Stiftungen. Hier setzen wir mit Impact Immobilien an.

Funktionales Bett in einem der Pflegezimmer.
Bequeme Sitzecke im Gemeinschaftsbereich.

Weshalb braucht es neue Investitionen?

Tatsächlich sind die Anforderungen an solche Einrichtungen erheblich gestiegen. Baulich etwa in Bezug auf die Barrierefreiheit, die Zimmergrössen oder den Brandschutz. Viele ältere Einrichtungen gelten nach heutigen Massstäben nicht mehr als behindertengerecht. Auch sonst steigen die Ansprüche an die Betreiber, etwa bei der Nachtwache, den Qualifikationen des Personals oder den Betreuungsquoten.

Wie sieht Ihr Beitrag aus?

Mit Impact Immobilien versuchen wir, auf die sozialen Herausforderungen eine unternehmerische Antwort zu geben und Lösungen zu bieten, die es den Trägern erlauben, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. Wir investieren in bestehende und neue Projekte für Sozialinstitutionen und schaffen so modernen, bezahlbaren Wohn- und Lebensraum. Wir erwerben, entwickeln, realisieren und sanieren Liegenschaften für soziale und öffentliche Institutionen und vermieten diese langfristig zu erschwinglichen Konditionen.

Mit diesem Fokus ist in der Schweiz sonst noch niemand unterwegs.

In welchen Grössenordnungen bewegen Sie sich mit den Projekten?

Jedes Objekt oder Projekt sieht anders aus. Das Investitionsvolumen hängt von dem Zweck und der Grösse ab und bewegt sich in einer Bandbreite von einigen Millionen bis etwa 25 Millionen Franken. Es ist eine Marktnische, in der wir uns da befinden. Mit diesem Fokus ist in der Schweiz sonst noch niemand unterwegs.

Wie erfahren Sie von solchen Vorhaben?

Oft treten die Träger oder Stiftungsräte mit einer Idee, einer konkreten Aufgabe oder einem Projekt, mit dem bereits begonnen wurde, direkt an uns heran. Meist geht es darum, die Infrastruktur zu verbessern, zu erneuern oder zu erweitern. So besteht zum Beispiel ein dringendes Raumbedürfnis, für das ein Neubau angedacht ist. Oder es gab einen Architekturwettbewerb, und nun ist das Bauprojekt viel zu teuer geworden. Wir sehen auch, dass die Verantwortlichen angesichts der Komplexität, die solche Bauvorhaben aufweisen, gerne mit einem kompetenten Partner zusammenarbeiten.

Und dann kommen Sie und helfen ihnen?

Ich bin kein Architekt. Ich denke unternehmerisch. Wir schauen also auf das vorhandene Budget und die künftigen Betriebskosten. Da lässt sich oft einiges herausholen. Und wir bauen so, dass es erschwinglich wird, aber nicht billig. Mit geschickter Raumaufteilung, dem Verzicht auf überflüssige Verglasung und Verkehrsflächen oder der sorgsamen Wahl der Materialien kann man viel Geld sparen.

Wie viel?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Bei einem gewöhnlichen Pflegezentrum summieren sich die durchschnittlichen Erstellungskosten pro Pflegeplatz meistens auf etwa 320 000 bis 400 000 Franken. Dabei gilt es, alle Bauvorschriften, Normen und Richtlinien, die ja vorgegeben sind, einzuhalten. Im Geras Pflegehotel in Sutz-Lattrigen am Bielersee, das von uns realisiert und kürzlich eröffnet wurde, lag dieser Wert nur bei etwa 255 000 Franken.

Ohne Abstriche zu machen?

Gemeinsam mit unserem Gesamtleistungspartner Halter haben wir jedes Detail überprüft und konnten so gegenüber der ursprünglichen Projektsumme noch einmal 1,8 Millionen Franken einsparen. Etwa durch Weglassen eines Kellergeschosses, Anpassungen bei der Verglasung und Fassade oder der Optimierung der Heizungs- und Lüftungsanlagen. Einen Teil der Haustechnik haben wir auf dem Dach platziert. Abstriche beim Komfort gab es nicht – im Gegenteil.

Für alle Bewohner des Geras Pflegehotels steht ein Restaurant zur Verfügung. Im Sommer kann auch auf dem Balkon gegessen werden.

Lösen solche Anpassungen nicht Verzögerungen aus?

Nein, aber der Zeitrahmen ist stets eine Herausforderung. Projekte der öffentlichen Hand erfordern einen langen Planungshorizont und öffentliche Submissionen. So dauert es von der Idee bis zum Bezug oft sechs bis acht Jahre. Wir bemühen uns, das Gleiche innerhalb von zwei bis drei Jahren zu schaffen, ohne dass am Schluss die Funktionalität darunter leidet.

Welche sozialen Nutzungen stehen bei Ihnen im Vordergrund?

Bisher lag unser Fokus auf Projekten mit einem hohen Wohnanteil, vor allem für Menschen mit einer gewissen Beeinträchtigung oder besonderen Anforderungen. Ein Haus zu bauen für Menschen, die von Autismus betroffen sind, erfordert ein anderes Herangehen als etwa ein Alters- und Behindertenheim. Interessant sind für mich aber auch Mischformen, in die wir vermehrt investieren wollen. In Suhr im Kanton Aargau arbeiten wir mit der Stiftung Töpferhaus an einem Vorhaben, bei dem Arbeitsplätze für Menschen mit Einschränkungen im Vordergrund stehen. Geplant ist ein Produktionsbetrieb für die Verarbeitung von Lebensmitteln, daneben soll es eine öffentlich zugängliche Cafeteria geben und auch Wohnangebote. Ein anderes Beispiel: In Gümligen bei Bern sind wir daran, mit der Nathalie Stiftung ein neues Schulhaus mit Beratungsstelle und ein modernes Internatsgebäude für Kinder mit Autismus zu realisieren. Die Grundsteinlegung erfolgte Ende Februar.

Könnten diese Stiftungen nicht selber bauen?

Es gibt tatsächlich Institutionen, die finanziell so aufgestellt sind, dass sie so etwas selbst umsetzen können. Wir bieten mit unserem Design-to-Cost-Ansatz aber einen Mehrwert bei solchen Infrastrukturvorhaben und haben auch vor sehr komplexen Aufgabenstellungen keine Scheu. Das können wir anhand von Referenzen aufzeigen. Deshalb kann es auch für finanzstarke Stiftungen von Vorteil sein, Projekte mit uns zu realisieren.

Wie funktioniert der erwähnte Ansatz?

In der Theorie versteht man unter dem Design-to-Cost-Ansatz das Entwerfen und Konstruieren nach Kostengesichtspunkten innerhalb gegebener Rahmenbedingungen. Auf die Entwicklung von Immobilien bezogen bedeutet das, ein bestimmtes Raumbedürfnis innerhalb eines bestehenden Budgets zu realisieren. Damit wird das übliche Vorgehen von Architekten oder auch bei Architekturwettbewerben, Räume zu entwickeln und erst dann die Kosten dafür zu berechnen, umgekehrt. Wir bauen nicht für uns, sondern für Sozialinstitutionen. Ausgangspunkt ist deshalb bei uns immer die Frage: Was können und wollen wir uns als Institution leisten?

Weshalb gibt es die Budget-Restriktionen überhaupt?

Institutionen, die in einem Kostenkorsett stecken, weil sie Leistungen über die öffentliche Hand, die Invalidenversicherung oder Ergänzungsleistungen zur AHV abrechnen, sind gezwungen, innerhalb bestehender Budgets zu arbeiten. Sie müssen sich auf ein zuverlässiges Kostendach verlassen. Deshalb arbeiten wir mit Gesamtleistern zusammen, die uns entsprechende Garantien geben können.

Wer sorgt für die nötige Kostendisziplin?

Diese wird durch das partnerschaftliche Denken aller Beteiligten erreicht. Die Vertreter der Stiftungen schätzen die Transparenz, die wir bei den Kosten herstellen. Sie sind an allen Sitzungen dabei und sollen mitentscheiden: Brauchen wir dieses oder jenes wirklich, was können wir weglassen? Dieses Reduzieren auf das Wesentliche ist sicher einer der Erfolgsfaktoren, die wir bei Projekten mit minimalem Budget einbringen können. Insgesamt ist es für alle ein ziemlich entspannter Prozess.

Bei unseren Projekten sitzen alle Entscheidungsträger gemeinsam am Tisch, um die jeweils beste Lösung zu finden.

Am Schluss aber leitet sich der vereinbarte Mietzins aus den Anlagekosten ab.

Ja, aber alle haben ein gemeinsames Interesse, die Anlagekosten möglichst tief zu halten. Von den realisierten Einsparungen kommt die eine Hälfte der Institution zugute, die andere geht auf das Konto des Gesamtleisters mit seiner grossen Erfahrung. Letzterer erhält damit für die Garantie eines Kostendachs und die Übernahme der Risiken eine faire Marge. Bei unseren Projekten sitzen alle Entscheidungsträger gemeinsam am Tisch, um die jeweils beste Lösung zu finden. Durch den Einbezug von Architekten, Institutionen und zukünftigen Nutzern erreichen wir eine hohe Funktionalität und eine ansprechende Gestaltung.

Ein wichtiger Kostenfaktor ist der Preis des Bodens. Bauland ist teuer.

Nicht selten verfügen die Träger bereits über geeignete Grundstücke. Oft sind es auch die Gemeinden, die ihre Baulandreserven für sinnvolle Nutzungen bereitstellen. Wo wir in Zonen mit öffentlicher Nutzung bauen können, liegt der Preis für das Land tiefer. Auch Burgergemeinden und Kirchen besitzen oft Bauland. Wo es sich anbietet, übernehmen wir das Grundstück auch im Baurecht. Den Institutionen gewähren wir zumeist ein Vorkaufsrecht. Je nachdem wer der Landeigentümer ist, erhalten wir dann einen dem Zweck angepassten reduzierten Baurechtszins, den wir transparent weitergeben können. Unser Interesse ist langfristiger Natur. Das Baurecht bietet sich dafür an.

Die zwei ovalen Gebäude mit umlaufenden Balkonen wurden von kpa Architekten geplant.

Impact Immobilien ist als Immobiliengesellschaft organisiert. Wer sind ihre Investoren?

Das sind zum einen gemeinnützige Stiftungen, die in verwandte Gebiete investieren möchten, zum anderen private Anleger, die einen sozialen Nutzen bewirken wollen. Sie streben dabei eine moderate, dem Zweck angemessene Rendite an. Die Objekte in unserem Portfolio sind für alle sichtbar und lassen sich besuchen. Das erzeugt bei den Aktionären ein besseres Verständnis für das, was wir und die Sozialinstitutionen machen, sehr oft auch echte Wertschätzung. Wir sind nicht auf Gewinnmaximierung aus oder auf Wertsteigerungen und Aufwertungen im Portfolio, sondern konzentrieren uns auf die Wirkung unserer Arbeit, den Impact.

Welche Unterstützung erhalten Sie im eigenen Haus?

Im operativen Bereich bilden wir ein gutes, eingespieltes Team. Im Verwaltungsrat kann ich mich auf die Expertise von mehreren renommierten und sehr erfahrenen Immobilien und Finanzspezialisten verlassen. Um nur einen zu nennen: Adrian Lehmann, der viele Jahre lang bei der Credit Suisse im Immobilienbereich tätig war, steht mir als ein wichtiger Mentor stets zur Seite.

Wir achten darauf, möglichst wenige Änderungen in der Bauphase vorzunehmen.

Was unterscheidet Sie sonst noch von «gewöhnlichen» Immobiliengesellschaften?

Zum einen die Grösse. Wir sind bewusst in einem speziellen Segment tätig und verfügen über einen hohen Anteil an Eigenmitteln. Zum anderen sehen wir unsere Aufgabe in der Entwicklung der Projekte. Eine Pensionskasse, die ihre Mittel investieren muss, sucht und erwirbt bevorzugt fixfertige Anlageobjekte und integriert sie in ihr Portfolio. Unser Fokus liegt auf dem Nutzen für unsere Partner und auf den Kosten. Wir achten darauf, möglichst wenige Änderungen in der Bauphase vorzunehmen. Denn das ist teuer. Teile der Planungsbranche leben nur von solchen Änderungen. Doch am Ende muss immer jemand dafür bezahlen. Unsere Projekte sollen von Beginn an vernünftig und gut durchgeplant sein.

Sie haben die Partnerschaft mit der Halter AG erwähnt. Wie kam es dazu?

Wir verfolgen eine ähnliche Philosophie und schätzen uns gegenseitig. Wir sehen beide die Vorteile des Design-to-Cost-Ansatzes. Es ist eine respektvolle Kooperation auf Augenhöhe, wir arbeiten sehr professionell zusammen. Für uns ist es wichtig, dass sich unsere Partner auch in kleineren Projekten, wie sie bei uns eben auch vorkommen, engagieren können und wollen. Es gibt aber keine exklusive Zusammenarbeit. Für jedes unserer Projekte hole ich mehrere Offerten ein. Das jeweilige Konzept muss überzeugen.

Was treibt Sie persönlich an?

Ich bin wirklich dankbar, dass ich diese Aufgabe übernehmen durfte, und stolz auf das, was wir gemeinsam realisieren. Ich schätze die persönlichen Beziehungen und freue mich, dass wir mit unserer Idee, Nutzen und Rendite zusammenzubringen, Erfolg haben.

Wo sehen Sie Impact Immobilien in ein paar Jahren?

Für unsere Investoren habe ich das vor Kurzem einmal projektiert. Wir haben mit unseren bisherigen Projekten ein Anlagevolumen von rund 120 Millionen Franken erreicht. In ein paar Jahren, wenn wir weiterhin zwei bis drei Projekte pro Jahr realisieren, könnten es vielleicht 500 Millionen Franken sein. Aber Wachstum per se ist nicht unser Ziel. Wir wollen uns weiterhin mit Herzblut für Projekte einsetzen. Es ist die Wertschätzung für unsere Partner und der Ansatz, mit ihnen auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten, der mich antreibt.

Daniel Kusio beim Spaziergang rund um das Geras Pflegehotel in Sutz-Lattrigen. Ortskern und Bielersee liegen nur ein paar Schritte entfernt.

Daniel Kusio (51) ist Geschäftsführer der Impact Immobilien AG mit Sitz in Bern, einer Gesellschaft, die in Immobilien für soziale Institutionen investiert und mit erschwinglichem Wohn- und Lebensraum einen sozialen Nutzen bietet. Kusio hat Betriebswirtschaft an der Universität Bern studiert. Seine berufliche Laufbahn führte ihn zu Grossunternehmen und in mehrere Länder. Vor der Gründung der Impact Immobilien AG im Jahr 2012 war er im Bereich Private Equity und Venture Capital tätig. Daniel Kusio ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

impact-immobilien.ch

Dieser Artikel ist im Print-Magazin KOMPLEX 2020 erschienen. Sie können diese und weitere Ausgaben kostenlos hier bestellen.

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