Hier können alle nur gewinnen

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ZSC Lions AG
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Die Betriebsvorbereitung der Swiss Life Arena an zentraler Lage in Zürich-Altstetten läuft auf Hochtouren. Hier wollen die ZSC Lions mit ihren Fans in Zukunft ihre Siege feiern. Damit Mannschaft, Clubleitung, Besucher und Service-Unternehmen im neuen Gebäude von Anfang an das bestmögliche Nutzererlebnis haben, kommt ein digitaler Zwilling zum Einsatz. So wird die Überführung der Daten aus der Bauphase in den Betrieb sichergestellt, und die Betriebstauglichkeit und Wirtschaftlichkeit der Prozesse werden optimiert.

Wer von Westen nach Zürich reist, für den ist die Swiss Life Arena kaum zu übersehen. Zwischen der Autobahnausfahrt und dem Bahnhof Altstetten liegend, präsentiert sie sich selbstbewusst als modernste Sport- und Event-Arena der Schweiz. Das von dem Architekturbüro Caruso St John entworfene Gebäude trägt eine Verkleidung aus Ortbetonelementen. Mit der Leichtigkeit eines Vorhangs schmiegen sie sich an der Ost- und Westseite in Wellen in die Räume zwischen den Strebepfeilern. Ihre reliefartige Anmutung und der textile Charakter lassen Assoziationen an ein Zirkuszelt aufkommen, das am Rande der Stadt zum Spektakel einlädt.

Der «Zett» als Gebäudebetreiber

Wenn in der neuen Heimat der ZSC Lions in diesem Herbst die ersten Pucks übers Eis fliegen und die Mannschaft, von den «Attacke»-Rufen ihrer treuen Fans angefeuert, zu Höchstleistungen aufläuft, wird der Betrieb des Stadions wie am Schnürchen laufen. 12 000 Sportbegeisterte finden in der 170 mal 110 Meter grossen Halle Platz. Eine Trainingshalle mit rund 200 Sitzplätzen, Räume für Zusatznutzungen für 12 bis 1200 Personen, ein Clubrestaurant und ein Parkhaus im Untergeschoss ergänzen das Angebot.

An den langen Seiten der nach ihrer Hauptsponsorin benannten Arena umspannen Arkaden die weitläufigen Verkehrsflächen zum Stadion. An ihrem südlichen Ende, wo die meisten Fans ankommen werden, öffnen sich diese zu monumentalen Treppen, die zu einer grossen, nach Süden ausgerichteten Terrasse führen. Von hier aus gelangen die Besuchenden ins Stadion. Im Inneren liegt die Arena, die mit ihrer steilen Zuschauertribüne künftig für die Atmosphäre eines «Hexenkessels» sorgen wird. Die Leidenschaft fürs Eishockey ist auch in den zahlreichen Räumen für Fremdvermietungen spürbar. So durfte zum Beispiel eine Hommage an die Goalie-Legende Ari Sulander in Form des buchbaren Konferenzraumes Sulo mit Sicht aufs Spielfeld nicht fehlen.

Die multifunktionale Infrastruktur der Swiss Life Arena dient also nicht nur dem Kräftemessen der Schweizer Eishockeyclubs, sondern auch kulturellen Veranstaltungen, Events und Geschäftsanlässen. Das eröffnet dem Betreiber, der ZSC Lions AG, vielversprechende wirtschaftliche Perspektiven. Dritt-Events zu vermarkten und durchzuführen, oblag allerdings im vorherigen Domizil der Hallenstadion AG. Nun wurde der «Zett» selbst zum Gebäudebetreiber und sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, neben eines Sportclubs auch eine grosse Immobilie erfolgreich zu managen. Deshalb entschied sich die ZSC Lions AG, zur Entwicklung und Umsetzung der Betriebsstrategie mit dem Immobiliendienstleister Tend AG zusammenzuarbeiten.

AIM-Modell der Swiss Life Arena: Im digitalen Zwilling des Gebäudes sind rund 900 Räume abgebildet.
Screenshot der Raumdefinition mit allen betriebsrelevanten Eigenschaften. Mit einem Klick können die Informationen abgerufen werden.

Präzises Betriebsmodell dank digitalem Zwilling

Andres Stierli, Partner bei Tend, leitete die Betriebsvorbereitung. Die durchgängige Digitalisierung der Daten während aller Projektphasen sei ein wertvolles Werkzeug für eine optimale Planung und einen reibungslosen Regelbetrieb, ist er überzeugt. «Allerdings ist die Überführung der digitalen Datenkette eines Bauprojektes dieser Grössenordnung von der Bau- in die Betriebsphase immer noch eine Herausforderung. In der Regel versiegt das Wissen über die Realisierungsphase, wenn das Projekt für die ausführenden Unternehmen abgeschlossen ist. Können die Daten jedoch aus der Erstellung in den Betrieb überführt werden, lässt sich eine wertvolle Brücke über das ‹Death Valley of Knowhow› schlagen», erklärt Andres Stierli.

Obwohl die Planung und Realisierung der Swiss Life Arena nicht mit der BIM-Methode erfolgt war, standen hochwertige 3D-Modelle zur Verfügung. Sie bildeten die Basis für das von Tend entwickelte AIM-Modell (Asset Information Modeling; hier bezogen auf die Verwendung im Regelbetrieb). In dem digitalen Zwilling des Gebäudes sind die Daten sämtlicher Flächen, Volumen und Materialien erfasst, in 3D visualisiert und so weit abstrahiert, dass die für den Betrieb relevanten Informationen ersichtlich sind. Aufgrund der hochwertigen und einfach verständlichen Daten konnten ein präzises Betriebsmodell entwickelt und praxisnahe Leistungspakete geschnürt werden. «Mit dem Datenmodell erhielten wir das digitale Werkzeug, um die komplexen Zusammenhänge einfach darzustellen und anwenderspezifisch zugänglich zu machen. Das ist im Regelbetrieb nicht nur für uns eine Erleichterung, sondern auch für die externen Dienstleister», bestätigt Bruno Vollmer, COO der ZSC Lions AG und Gesamtverantwortlicher für den Betrieb.

Nach dem Prinzip «Make or Buy»

Das Stadion zu betreiben, ist eine komplexe Aufgabe, die Bruno Vollmer in guten Händen wissen will. «Deshalb galt es, das Auftragsvolumen bestmöglich auf die jeweiligen Kompetenzträger zu verteilen. Wir bedienen uns einer Mischlösung aus Fremd- und Eigenleistung. Die Kernaufgaben nahe am Eishockey und die Eventtechnik können und wollen wir selbst aufbauen. Commodity-Leistungen werden wir hingegen einkaufen. Das schafft grösstmögliche Flexibilität und Wirtschaftlichkeit », erklärt er. Der Eishockeyclub stellt somit den Head of Facility Management mit hoher Eventtechnik-Kompetenz sowie die eigene Eismeister-Crew. Die Reinigungsarbeiten und der technische Unterhalt werden durch externe Dienstleister erbracht. Dabei wurde eine Multi-Provider-Strategie verfolgt, um einerseits die Professionalität von Grossunternehmen und andererseits die langjährigen Partnerschaften mit KMUs, denen die Unterstützung des Vereins eine Herzensangelegenheit ist, zu ermöglichen. So konnten zehn Leistungspakete auf verschiedene, in ihrem Segment führende Anbieter und Partner verteilt werden.

Die steilen Ränge beginnen nahe dem Spielfeld.
In der neuen Arena können auch Corporate Events und kulturelle Veranstaltungen durchgeführt werden.

Daten und Kosten im Griff

In der Submissionsphase musste es den Reinigungsunternehmen gelingen, die komplexe Gebäudestruktur mit ihren rund 900 Räumen – von der Sportarena, Trainingshalle, dem Gastro- und VIP-Bereich, den Garderoben und Nassbereichen über die Logen, Business Clubs und Büros der ZSC Lions bis zur Technikzentrale, den Betriebsräumen und Putzkammern – zu verstehen. Im AIM-Modell sind die betriebsrelevanten Informationen wie Service-Levels, Raumgruppen, Reinigungsgruppen und -intervalle erfasst. Jeder Raum ist mit seiner Materialisierung und dem Mengengerüst abgebildet. Ausserdem sind die Distanzen der Räume voneinander ersichtlich, sodass sich die Wegzeiten ermitteln lassen. Aufgrund der präzisen Ausschreibungsdaten konnten die externen Dienstleister für die zehn Service-Pakete qualitativ hochwertige und preislich attraktive Angebote einreichen, die es nun ermöglichen, die Swiss Life Arena mit hoher Wirtschaftlichkeit zu betreiben.

Reibungsloser Regelbetrieb

Die zentral dokumentierten Informationen des AIM-Modells stehen mit einer hohen Datenqualität zur Verfügung, sie können vielfältig weiterverwendet und erweitert werden. Durch die Anbindung an CAFM-Tools, die Systemlandschaft des Gebäudebetreibers sowie Führungs- und Abrechnungssysteme erhalten alle beteiligten Service-Partner jederzeit verfügbare Live-Daten und verlässliche Management-Cockpits, die Transparenz schaffen. In Zusammenarbeit mit allen Beteiligten lassen sich zum Beispiel die Service-Levels optimieren, indem sie auf die effektive Betriebsorganisation und bestehende Ressourcen abgestimmt werden. So sind während der Implementierung reibungslose Abläufe für einen effektiven Betrieb sichergestellt.

Wenn das AIM-Modell im Regelbetrieb angekommen ist, erhalten die Daten wieder eine neue Relevanz. Mit der zunehmenden Praxiserfahrung können die Service-Levels weiter optimiert und im Modell mitgeführt werden. Diese stetige Anreicherung und Aktualisierung ermöglicht ein vorausschauendes Handeln, ähnlich dem «predictive maintenance» in der Industrie 4.0. Die Frage «Was wird wann passieren?» lässt sich anhand der historischen und in Echtzeit verfügbaren Daten leicht beantworten. Der Betreiber kann sämtliche Aktivitäten ressourcen- und kostenoptimiert planen, ausführen und überwachen. So lassen sich zum Beispiel Raumkonfigurationen mit Belegungsplanungen verknüpfen und nutzerorientiert automatisieren. Die Betriebssicherheit system- und eventrelevanter Anlagen wird deutlich erhöht. Des Weiteren lässt sich anhand von Drittwerten, zum Beispiel Wetterdaten, Wochentagen und Regelereignissen wie ein hohes Publikumsaufkommen, schnell und verlässlich eruieren, wie viel Reinigungspersonal benötigt wird.

Auf den Kundennutzen fokussiert

Im Immobilienbetrieb steht das bestmögliche Nutzererlebnis bei tiefen Kosten immer im Mittelpunkt. Der Einsatz digitaler Modelle leistet zu diesem Wertversprechen einen entscheidenden Beitrag. Die ZSC Lions AG kann sich durch die intelligente Vernetzung der Anlagen und Systeme noch besser auf ihre Führungsaufgaben und strategischen Kontroll- und Interventionstätigkeiten konzentrieren. Und wenn ihre Mannschaft genauso fokussiert bleibt, findet vielleicht das Finalspiel der nächsten Eishockey-Saison in der bestens organisierten Swiss Life Arena statt.

Dieser Artikel ist im Print-Magazin KOMPLEX 2022 erschienen. Sie können diese und weitere Ausgaben kostenlos hier bestellen.

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