«Datenhoheit zu haben, ist eine schöne Vorstellung»
Martin Strub, Geschäftsführer des Schweizer Immobilienfonds UBS (CH) Property Fund – Swiss Mixed «Sima», will mit der Digitalisierung einen grossen Schritt vorwärtsmachen bei der nachhaltigen Bewirtschaftung seines riesigen Immobilienportfolios. Welche Herausforderungen sich dabei stellen und wie er mit ausgewählten Partnern diesem Ziel näherkommt, erläutert der Fondsmanager auf der Baustelle des Projekts Grimselhof in Zürich Altstetten.
Zürich Altstetten an einem trüben Tag Ende Januar. Martin Strub ist von Basel angereist, wo er am Hauptsitz der UBS sein Büro hat. Von hier aus verwaltet der Fondsmanager ein beeindruckendes Portolio mit Liegenschaften in der ganzen Schweiz. Der Grimselhof ist eine der Baustellen, die sich gerade in der Fertigstellung befinden. Grund für einen Ortsbesuch. Komplex war dabei.
Komplex: Was macht den Immobilienfonds UBS «Sima» aus?
Martin Strub: UBS «Sima» ist einer der ältesten Schweizer Immobilienfonds, gegründet 1950 und seither historisch gewachsen. Es ist die sehr breite Diversifizierung, geografisch und über alle Nutzungsarten hinweg, die ihn auszeichnet. Auf Wohnen entfällt gut die Hälfte. Unser regionaler Fokus liegt auf den wichtigen Zentren der Schweiz und deren Agglomerationen: Zürich, Bern, Basel, Genf und Lausanne. Die Grösse des Fonds mit rund 360 Liegenschaften und einem Anlagewert von über 11 Milliarden Franken erlaubt uns, auch komplexe Vorhaben anzugehen und umzusetzen. Entlang der ESG-Themen Ökologie, Soziales und Governance sehen wir uns in vielerlei Hinsicht in der Vorreiterrolle. Für den Erfolg verantwortlich sind in erster Linie unser Team, die Bank im Hintergrund und ein Netzwerk von verlässlichen Partnern.
Für die Bewirtschaftung eines so grossen Portfolios brauchen Sie professionelle Dienstleister. Welche Aufgaben sind besonders wichtig?
Für den Betrieb sind das in erster Linie die Liegenschaftsverwaltungen. Mieterinnen und Mieter sind unsere Kunden. Mit ihnen wollen wir gute und langfristige Beziehungen eingehen und pflegen. Die Verwaltungen sind als Bindeglied nahe an den Mietern. Einen guten Dienstleister zur Seite zu haben, ist daher der Schlüssel zum Erfolg.
Welche sind aktuell die grössten Herausforderungen im Betrieb der Liegenschaften?
Derzeit befindet sich die ganze Branche im Umbruch. Wir stehen vor einem bedeutenden Digitalisierungsschritt. Dabei wird sich auch das Berufsbild der Bewirtschafter deutlich verändern. Im Idealfall haben sie zukünftig mehr Zeit für die Anliegen der Mieterinnen und Mieter. Klar ist auch: So, wie wir bisher gearbeitet haben, wird es in Zukunft nicht mehr gehen.
Mit Blick auf die Performance einzelner Liegenschaften: Wo verorten Sie die erfolgskritischen Anforderungen an die Betreiber?
Ich denke, es sind zwei Sachen, die wir im Blick halten müssen. Da ist zum einen der Einsatz der Technik, für den es ein gesundes Gleichgewicht braucht. Ein Zuviel an Technik könnte manche überfordern und verursacht unnötige Kosten. Zu wenig wäre aber auch nicht gut wegen der vergebenen Chancen. Zum anderen gilt es, die gesellschaftliche Dimension in Balance zu behalten. Die Anforderungen an uns steigen stetig: beim Neubau, bei der Modernisierung des Bestands und beim Betrieb. Mein Ziel ist es, die Performance und die Ausschüttungen des Fonds auf hohem Niveau stabil zu halten.
Als Eigentümer müssen Sie auch die Betriebskosten im Griff haben. Welche Rolle spielen dabei digitale Anwendungen?
Die neuen digitalen Werkzeuge ermöglichen uns, viel schneller, oft sogar in Echtzeit an wertvolle Daten zu gelangen. Bis jetzt mussten wir oft lange warten, bis wir die Abrechnungen einsehen konnten. Viele liegen jeweils erst im Folgejahr vor. Mit diesem Problem kämpfen im Übrigen alle in unserer Branche. Mit den Resultaten aus den neuen Anwendungen können wir ohne Verzug die nötigen Schlüsse ziehen, umgehend Korrekturen vornehmen, Massnahmen ergreifen oder Projekte starten.
Die Fondsleitung hat als eines ihrer Ziele die vollständige Datenabdeckung für alle Liegenschaften bis 2030 definiert. Wie weit sind Sie da bereits?
Wir sind mit Hochdruck daran, dieses Ziel zu erreichen, unter Umständen sogar vor diesem Datum. Dafür braucht es engagierte Leute und innovative Ansätze. Ich hoffe, wir können schon in diesem Jahr einen grossen Schritt vorwärtsmachen. Dabei ist es wichtig, dass die Realisierung mit vertretbarem Aufwand erfolgt. Die Umsetzung ist anspruchsvoll und wird nicht bei allen Liegenschaften gleich gut möglich sein.
Wie zufrieden sind Sie mit der Qualität der bestehenden Immobiliendaten?
Ich bin eher ungeduldig und nie ganz zufrieden. Der Weg zu qualitativ sehr guten und vor allem aktuellen Daten ist lang und beschwerlich. Wir sind aber schon relativ weit. Uns liegen fast alle Angaben zu fast allen Liegenschaften vor, wenn auch in sehr unterschiedlicher Qualität. Dass die Daten zur Verfügung stehen, ist das eine. Das andere ist, damit zu arbeiten. Erst durch die Interpretation lassen sich konkrete Projekte ableiten, etwa Sanierungsmassnahmen. Einfach irgendwo eine Heizung zu ersetzen, das ist mir zu wenig. Mein Ziel ist es, dass wir das ganzheitlich und intelligent angehen.
Welchen Mehrwert bringt eine Datentransparenz in Echtzeit?
Wir müssen ein Gefühl für die richtige Menge an Daten bekommen. Was ist wichtig? Was brauchen wir wirklich? Mit grossen Datenmengen zu arbeiten, kann einen rasch überfordern. Und manchmal enden diese auf dem sprichwörtlichen Datenfriedhof. Es braucht also Augenmass. Im Kern sind es oft nur vier oder fünf Angaben, die uns effektiv dienen.
Welche Chancen sehen Sie für neu gedachte Ansätze im Betrieb, die sich mit digitalen Werkzeugen realisieren lassen?
Es ist erfrischend, zu sehen, was derzeit alles entwickelt und ausprobiert wird. Ich werde mit Vorschlägen und Ideen aus allen möglichen Bereichen regelrecht bombardiert. Ich muss für die Beurteilung genau hinschauen und fragen: «Was bringt uns das?» Oft sind es insulare Lösungen, die sich am Ende als halb so romantisch herausstellen, wie zu Beginn gedacht. Wir brauchen ganzheitliche Lösungen, die möglichst viel auf einmal abdecken.
Wo liegt die Herausforderung bei der Evaluation und beim Einsatz von solchen neuen Instrumenten?
Mir hilft meine Erfahrung aus allen möglichen Bereichen. Wir evaluieren im Dialog. Ich versuche stets, ehrlich zu sein. Das schätzen auch die, die bei uns ein neues Produkt vorstellen. Am Ende bin ich verantwortlich und muss entscheiden – mit dem Risiko, auch mal danebenzuliegen.
Lassen Sie uns dies am Grimselhof in Zürich Altstetten, einem Ihrer Pilotprojekte bei der Digitalisierung, genauer anschauen. Welche Ziele verfolgen Sie hier?
Für uns ist das Projekt tatsächlich so etwas wie ein Versuchsballon für eine konsistente digitale Bewirtschaftung. Wir wollen Erfahrungen sammeln. Mir gefällt der Ansatz, die ganze Kette an Aufgaben digital abzubilden und dabei nicht einfach eine Menge zusätzlicher Dokumente zu produzieren. Am 1. April 2023 werden die Mieter einziehen, dann können wir sehen, wie gut es zum Beispiel beim sogenannten Onboarding funktioniert hat.
Sie arbeiten beim Grimselhof mit dem Immobiliendienstleister Tend AG zusammen. Wie kam es dazu?
Wir schreiben alle Projekte anbieterneutral aus und schauen, wer und was am besten passt. Nach diversen Kontakten und Reflexionen mit den relevanten Marktteilnehmern haben wir uns schliesslich entschieden, das Pilotprojekt Grimselhof mit Tend, einer Schwesterunternehmung der Halter AG, zu starten. Ungefähr vor zwei Jahren haben wir uns zum ersten Mal zusammengesetzt und klar einen Mehrwert identifiziert. Wie wir sind die Verantwortlichen von Tend sehr unternehmerisch unterwegs. Ihre Innovationskraft ist sichtbar, und die Zusammenarbeit macht Freude.
Wo stehen Sie heute in Bezug auf die Digitalisierung?
Wir gehen Schritt für Schritt voran. Bei den klassischen Verwaltungstätigkeiten sind die Anwendungen schon ziemlich ausgereift. Als Nächstes kommen die Schnittstellen zu weiteren Akteuren hinzu: Handwerker, die offerieren, Gerätehersteller, mit denen wir Garantiefälle zu lösen haben, oder Versicherer, die eine Police ausstellen. Man darf dabei aber nicht vergessen: IT-Projekte sind komplex und werden oft unterschätzt.
Und was haben Sie noch auf Ihrer Wunschliste?
Wir möchten nicht nur Trittbrettfahrer sein, sondern die Zukunft aktiv mitgestalten. Die Fokusthemen richten sich meiner Meinung nach auf fünf Schwerpunkte aus: Nebst der Digitalisierung und der Visualisierung ist es natürlich die Nachhaltigkeit, dann die Weiterentwicklung in Bezug auf die Industrialisierung – insbesondere die durchgängige Bearbeitung mit BIM –, ebenfalls aber auch die Entwicklung von seriellem Bauen, das ermöglicht, kostengünstiger zu produzieren und Bauvorhaben zu beschleunigen. Die Vorteile der Elementbauweise mit ihren standardisierten Einzelteilen lassen sich auch auf Software übertragen. Der letzte Punkt ist die Kollaboration, die die verschiedenen Akteure effizient gestalten müssen, um gemeinsam Zielsetzungen zu erreichen und nicht, wie leider oft, zu blockieren.
Wo liegen die Herausforderungen im Bestand?
Oft sind bei den älteren Liegenschaften die technischen Voraussetzungen für den digitalen Wandel nicht gegeben. Ich nenne Gebäude aus dieser Kategorie die «unauffälligen Häuser». Hier muss man schauen, ob sich eine neue Technik mit vertretbarem Aufwand nicht doch realisieren lässt. Manchmal gibt es auch Widerstand von aussen, etwa, wenn das Elektrizitätswerk noch nicht so weit ist, um mit smarten Geräten zu arbeiten.
Kommen wir zu den wichtigen Themen Nachhaltigkeit, CO2-Reduktion und Umweltschutz. Die Fondsleitung hat vor Kurzem ambitionierte Ziele festgelegt. Was gab den Anstoss dazu?
Die Themen beschäftigen uns schon seit Jahren, haben aber zuletzt eindeutig an Bedeutung gewonnen. Die gesellschaftliche Akzeptanz für Massnahmen ist da. Mich freut auch, dass die UBS die sogenannten ESG-Kriterien höher gewichtet. Das gibt uns Rückendeckung für den Immobilienbereich. Den Auftrag haben wir aber auch von unseren Anlegern, die darauf immer mehr Wert legen.
Welche konkreten Ziele gibt es für Ihr grosses Portfolio?
Die Ziele, die wir öffentlich publizieren, gelten in Form einer Matrix für das ganze Portfolio. Bis 2030 wollen wir die CO2-Emissionen um 50 Prozent gegenüber dem Stand von 2019 reduzieren und keine fossilen Brennstoffe mehr für den Betrieb einsetzen. Bis 2050 soll dann Klimaneutralität mit Netto-null erreicht sein. Den Absenkpfad dafür, den wir unbedingt einhalten wollen, konkretisieren wir anhand einer Liste mit Massnahmen. Mir ist wichtig, dass wir machen und nicht nur darüber reden. Das bedingt, das anspruchsvolle Ziel im Fokus zu behalten und uns nicht in den Details zu verlieren.
Das kostet. Woher kommen die Mittel dafür?
Nachhaltigkeit muss uns etwas wert sein und darf auch etwas kosten. Wir versuchen, die notwendigen Investitionen zu etappieren und die Mittel dafür in der Mehrjahresplanung und in den Budgets einzuplanen. Die Zielmatrix, von der ich sprach, ist komplex.
Sowohl bei Bestandsliegenschaften als auch beim Erwerb einer neuen Liegenschaft nehmen Sie eine interne Nachhaltigkeitsbewertung vor. Welche Kriterien kommen dort zur Anwendung?
Im Neubau helfen die bekannten Labels. Ich bin zwar kein grosser Fan davon, aber sie sind nun einmal Standard. Bei Zukäufen von bestehenden Gebäuden nehmen wir die Prüfung anhand von Checklisten vor. Man sieht meist sofort, wo was nötig ist.
Welchen weiteren Herausforderungen werden Sie sich in Zukunft stellen müssen?
Ein Aspekt, den wir laufend im Blick haben, ist das Regulierungsumfeld. Hier gilt es, immer komplexere Vorgaben zu berücksichtigen. Uns beschäftigt aber auch der gesellschaftliche Diskurs, etwa zur Frage des bezahlbaren Wohnens oder zu den Vorurteilen gegenüber Immobilieninvestoren. Wir wollen verantwortungsbewusst handeln und uns der Diskussion stellen.
Letzte Frage: Wo sehen Sie UBS «Sima» in fünf Jahren?
In gewisser Weise repräsentiert UBS «Sima» das Immobilienanlagegeschäft in der Schweiz. Unsere historisch gewachsene Struktur gibt dem Fonds Stabilität. Die Welt dreht sich weiter, doch ich gehe davon aus, dass wir auch noch in fünf Jahren das Flaggschiff unter den Immobilienfonds der UBS sein werden. Ich hoffe, das können dereinst auch meine Nachfolger sagen, wenn der Fonds hundert Jahre alt wird.
Martin Strub (54)
ist Managing Director und Fondsmanager des UBS (CH) Property Fund – Swiss Mixed «Sima», eines der ältesten und grössten Immobilienfonds in der Schweiz. Der Fonds hat in den letzten Jahren zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Martin Strub wurde der Bezug zu Immobilien in die Wiege gelegt. Sein Vater war Baumeister, er nahm seinen Sohn schon in jungen Jahren mit auf die Baustelle. In seiner Laufbahn hat er umfangreiche Erfahrungen in der Planung, im Bau und im Immobilienmanagement gesammelt. Bei der UBS ist er seit 2007 tätig. Martin Strub ist verheiratet und lebt mit seiner Familie im Kanton Solothurn.
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