Auf dem Weg zur Klimaneutralität
Um die Netto-Null-Ziele im Gebäudepark zu erreichen, müssen neue Strategien entwickelt werden. Die Immobiliengesellschaft Intershop definierte für ihr Portfolio einen CO₂-Absenkpfad mit konkreten Massnahmen. Dafür stand ihr die digitale Webapplikation CO₂mpass von Tend zur Verfügung.
Der Gebäudekomplex Puls 5, zwischen Turbinenplatz und Pfingstweidstrasse gelegen, ist Ausdruck der jüngeren Architekturgeschichte von Zürich-West. Sein Kern, eine 1898 erbaute Giessereihalle, zeugt bis heute von der industriellen Vergangenheit des Quartiers. Zwei Erweiterungsbauten aus dem Jahr 2003 stehen für den Willen zur Veränderung. Seit 2002 gehört die Liegenschaft zum Portfolio der börsenkotierten Anlagegesellschaft Intershop, und das Unternehmen beweist hier, dass auch Gebäude, die nicht in die üblichen Raster passen, nach neuesten Massstäben energetisch aufgewertet werden können. Für Intershop ein wichtiges Thema, denn die Immobiliengesellschaft hat ihre Nachhaltigkeitsziele hochgesteckt: Der CO₂-Ausstoss der Liegenschaften in ihrem Portfolio soll bis 2032 mindestens halbiert werden; bis 2050 gedenkt das Unternehmen, sein Netto-Null- Ziel zu erreichen.
Intershop verfügt über 45 Liegenschaften und Areale in der gesamten Schweiz. Im Fokus ihrer Investitionstätigkeit stehen kommerzielle Immobilien mit Entwicklungspotenzial, bevorzugt an Standorten in urbanen Zentren. Viele davon sind in die Jahre gekommen – die Chance, mittels Sanierungen, aber auch mit weniger investitionsintensiven Massnahmen eine deutliche Verbesserung der Energiekennzahlen zu erreichen, ist entsprechend gross. Deshalb führte das Unternehmen 2021 eine detaillierte Portfolioanalyse durch, die es ermöglichte, einen realistischen CO₂-Absenkpfad mit konkreten Massnahmen zu definieren. Unterstützt wurde Intershop dabei von einem Team ausgewiesener Energie- und Nachhaltigkeitsspezialisten des Immobiliendienstleisters Tend AG.
Eine Webapplikation für den CO₂-Absenkpfad
Das gesamte Intershop-Portfolio wurde dabei in der von Tend entwickelten Webapplikation CO₂mpass abgebildet: Ein übersichtliches Dashboard zeigt alle relevanten Kennwerte auf Gebäude-, Liegenschaftsund Portfolioebene; die Applikation generiert Nachhaltigkeitsreports in Echtzeit und liefert die entscheidende Erfolgskontrolle durch den Vergleich der Ist-Daten mit der jeweiligen Prognose; Algorithmen, mit denen unterschiedliche Szenarien durchgespielt werden, erleichtern die Massnahmenplanung. Thomas Kaul, Chief Financial Officer (CFO) der Intershop Holding AG, erklärt: «Wir konnten uns darstellen lassen, welches Vorgehen welche Wirkungen erzielt, und diese Erkenntnisse mit unserer Strategie für die einzelnen Liegenschaften und unserer Investitionsbereitschaft abgleichen. Allerdings sind die verschiedenen Gebäude einer Liegenschaft oder eines Areals nicht immer gleich alt, haben unterschiedliche Nutzungen und energetische Eigenschaften. Deshalb war es wichtig, eine Auswahl an Objekten vertieft anzuschauen.» Mit dem CO₂mpass wurde die erste Grobanalyse des Portfolios verfeinert. Verschiedene Gebäude konnten im Detail modelliert werden, um realistischere und aussagekräftigere Resultate zu erhalten.
Im Sommer 2022 erfolgte dann eine Priorisierung der Liegenschaften. Die Gebäudetechnik und die Bausubstanz der Objekte wurden vor Ort beurteilt und erlaubten Rückschlüsse auf allfällige Betriebsoptimierungspotenziale. Daraus liessen sich entsprechende energietechnische Optimierungsmassnahmen ableiten, und im CO₂mpass konnten die Einsparungen hinsichtlich Energie, Treibhausgasemissionen sowie geschätzter Kosten ausgewiesen werden. Auf dieser Basis wurden vier Liegenschaften, die sich für die Umsetzung der Massnahmen aufgrund ihrer Grösse und ihres hohen CO₂-Ausstosses besonders eigneten, ausgewählt. Neben dem Centre St-Roch in Yverdon-les-Bains und zwei Büro- und Gewerbearealen in Zürich und Dübendorf wurde auch der Gebäudekomplex Puls 5 mit seinen 26 000 Quadratmetern Fläche für Büros, Gewerbe, Bildungswesen und Gastronomie zur Realisierung erster Optimierungen bestimmt.
Das Potenzial von «low-hanging fruits»
Es stellte sich rasch heraus, dass bereits mit vergleichsweise einfachen Mitteln die Energiewerte des Puls 5 wesentlich verbessert werden konnten. Man entschied, in einer ersten Phase ausschliesslich auf Massnahmen zu setzen, die keinen baulichen Eingriff benötigen. Die sogenannten «low-hanging fruits» wurden insbesondere bei der Wärme- und Kältebereitstellung sowie bei den lüftungstechnischen Anlagen ermittelt. Allein mit der Optimierung der Heizkurven und dem Korrigieren der Heizungsfreigabe in Räumen, die zu warm waren, bestand laut Tend ein Einsparpotenzial von rund 10 Prozent. Weitere Massnahmen waren die Anpassung der Betriebszeiten von Lüftung und Heizung und der Kühlkurve, das Erhöhen der Temperatur für die Klimakälte, das Optimieren der Wärmerückgewinnung und das Implementieren eines reduzierten Anlagenbetriebs während der Randzeiten.
Die Massnahmen konnten zusammen mit dem Technikteam des Honeywell-Gebäudeleitsystems und Tend innerhalb von wenigen Monaten umgesetzt werden. Der CO₂mpass sagt eine Energieeinsparung von knapp 670 MWh pro Jahr und eine Kosteneinsparung von jährlich rund 70 000 Schweizer Franken voraus. Der Erfolg der Betriebsoptimierung wird sich jedoch erst nach Abschluss der Heizperiode 2023/24 belegen lassen. Thomas Kaul zeigt sich aber bereits jetzt zufrieden: «Mit den erfolgten Anpassungen können wir im Puls 5 einen Beitrag zum Zwischenziel der Halbierung des CO₂-Ausstosses leisten.»
Die Wirtschaftlichkeit stets im Blick
Bei ausgewählten Immobilienobjekten folgen nun schrittweise Investitionen in weiterführende Optimierungen. Sie umfassen als wirkungsvollste Massnahme den Ersatz von fossilen Energieträgern, aber auch Gebäudehüllensanierungen einschliesslich des Austauschs von Fenstern, der Integration einer Fotovoltaikanlage und Erneuerungen der Haustechnik.
Auch bei der Entscheidung, wann es an der Zeit ist, eine Massnahme zu realisieren, lohnt sich ein Blick auf das CO₂mpass-Cockpit. Denn die Applikation dient nicht nur Analysezwecken, sondern wird auch als Controlling-Werkzeug eingesetzt. «Damit können wir überprüfen, ob sich das Portfolio tatsächlich auf dem richtigen Weg befindet, und abschätzen, welchen Einfluss allfällige Korrekturmassnahmen hätten. So ist schnell erkennbar, wann welche Investition ansteht», sagt CFO Thomas Kaul und schliesst an:
Wirtschaftlichkeitsüberlegungen spielen bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie eine zentrale Rolle. Auch wenn die erforderlichen Massnahmen mit teilweise bedeutenden Investitionen verbunden sind, lassen sich damit nicht nur CO₂-Einsparungen, sondern auch erhebliche Betriebskostensenkungen erzielen.